Futurice hat gemeinsam mit Terre des Hommes zwei verschiedene miteinander verknüpfte Formulare designt. Mit einem werden grundlegende Informationen zu jedem Projekt einmalig eingetragen: Ziele, Zeitplanung, Budget und erwartete Ergebnisse. Das andere bezieht sich auf regelmäßige operationale Updates über Aktivitäten in den Projekten, die den ursprünglich angelegten Grundinformationen zugeordnet werden können. Damit konnten zugleich bestehende Reportings aufgegriffen und Vereinfachungen der Indikatoren umgesetzt werden. Außerdem wurden Doppeleintragungen von Grundinformationen vermieden, indem Formulare miteinander verknüpft sind.
Der Einsatz von vorbereiteten Listen für vordefinierte Indikatorennummern und Bezeichnungen von Regionalbüros sowie Ländern erhöhen die Datenqualität und vermeidet lange Bereinigungsprozesse. Alle vordefinierten Bereiche sind im Hintergrund anpassbar, sodass keine Abhängigkeit von einem externen Dienstleister geschaffen wurde.
Insgesamt können die Anforderungen auf diese Weise schlank erfüllt und die Souveränität das Organisation als Ganzes im Umgang mit ihren Daten erhöht werden.
Für die Einführung des neuen Tools beginnt bei Terre des Hommes nun die Integrationsarbeit
Im Datenvorhaben wurden die zentralen Infrastrukturen eingerichtet und Arbeitsschritte definiert. Eine umfangreiche Dokumentation von Futurice ermöglicht die einfache Weiternutzung. Die Einbindung der Sharepoint-Seite in das übliche Look & Feel der Organisationsumgebung sowie die bisherigen Prozesse wird nun nach der Entwicklungsphase durch die Stabsstelle Qualität weitergeführt.
Pro Region wird es im Anschluss noch eine Session zur Einführung des neuen Tools geben. Obwohl nämlich M365 in der Organisation schon seit einiger Zeit zur Verfügung steht, nutzen viele Mitarbeitende noch nicht das ganze Potential. Daher sind die verwendeten Komponenten noch nicht allen Nutzenden vertraut und benötigen eine Erklärung.
Das Zusammentragen der jährlichen Kennzahlen zur Wirkungsmessung kann dann zeitnah beginnen. Sind die Daten vorhanden, können passende Dashboards in Power BI zusammengestellt und der wahre Wert des neuen Tools demonstriert und genutzt werden.
Learnings und Tipps: Softwareprojekte in großen Organisationen mit wenig Ressourcen
Prozessdesign als „Reverse“ Double Diamond für eine anschaulichere Kommunikation und besseres Erwartungsmanagement
Rückblickend haben wir uns gefragt, ob wir den Designprozess in Bezug auf die Kommunikation mit den Nutzenden vereinfacht hätten, wenn wir ihn als „Reverse“ Double Diamond gedacht hätten. In diesem Fall hätten wir mit Blick auf die vorab definierten Anforderungen eine erste schlanke Lösung umgesetzt. Diese wäre ein gutes Anschauungsobjekt für die Interviews gewesen. Das Feedback hätten wir nutzen können, um den ersten Entwurf zu verbessern sowie Items und logische Bezüge anzupassen. Auf diese Weise hätten wir den Nutzen der Datensammlung direkter kommunizieren können und vermutlich wäre dann das Erwartungsmanagement einfacher gewesen.
Auch ein genaueres Stakeholder-Management, mithilfe dessen wir besser verstehen, wer welche Rolle in Bezug auf die Nutzung des zukünftigen Tools haben wird, hätte Verwirrungen bei Einzelnen vorbeugen können. In dem Wunsch, transparent zu arbeiten, haben wir zu jeder Zeit im Prozess alle Interessierten zu den Feedbackterminen eingeladen. Das hat zu einigen zusätzlichen Kommunikationsschleifen und Aufwänden für das Erwartungsmanagement geführt. Auf der anderen Seite konnten so tatsächlich viele Nutzungsbedürfnisse berücksichtigt werden. Außerdem steigerte die Beteiligungsmöglichkeit die Motivation der zukünftigen Nutzer*innen, ausreichend Daten in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen.
Daher ist eine andere Schlussfolgerung, noch vor Beginn des Projektes die ganze Organisation zu den genauen Zielen des kommenden Entwicklungsprojektes zu informieren. So hätte die Stabsstelle Qualität auch frühzeitig darauf verweisen können, dass die Entwicklung des Tools mit eingeschränkten Ressourcen nur einen Teil dessen erreichen kann, was sich die Organisation insgesamt für die Ausrichtung auf ihre strategischen Ziele vornimmt, um keine Befürchtungen zu schüren.
Passendes Design für die eingeschränkten Ressourcen im IT-Bereich
Nicht nur bei Terre des Hommes entstanden im Projekt Ideen für anschließende Innovationsprozesse. Auch das Civic Data Lab und Futurice denken weiter an der Frage, wie in zivilgesellschaftlichen Umgebungen, in denen häufig finanzielle Ressourcen und zur Verfügung stehende Technologien knapp sind, Fragen des Datenmanagements schlank beantwortet werden können. Ist es beispielsweise möglich, den Umstand zu nutzen, dass viele Organisationen die Standard-Softwarepakete der großen Anbieter nutzen, und die Infrastruktur als Code (IaC) zur Verfügung zu stellen?
Die Entscheidung, innerhalb der Microsoft 365 Umgebung zu designen, halten wir im Rückblick auf das Projekt mit Terre des Hommes jedenfalls weiterhin für die richtige. Sicher kann nicht jeder Nutzungsbedarf abgebildet werden, aber angesichts geringer Kapazitäten bei der organisationseigenen IT wäre ein zusätzliches Tool nicht sinnvoll gewesen. Dazu kommen die geprägten Nutzungsgewohnheiten bei den Mitarbeitenden, die die Einführung nun deutlich einfacher machen.
Zusammengefasst hier unsere Empfehlungen für andere Organisationen mit ähnlichen Herausforderungen:
- Die akkuratesten Daten können erfasst werden, wenn sie direkt nach Erhebung ins Tool gepflegt werden und nicht zu viele Übermittlungsschritte dazwischen geplant werden. Dabei ist es sinnvoll, den Prozess der Erhebung und Übermittlung bis hin zur Nutzung nachzuzeichnen und mit Beteiligten an allen Schritten (exemplarische) Interviews zu führen.
- Eine Fokussierung auf die konkreten Nutzungsszenarien von Anfang an hilft, Datenübertragungsprozesse schlank und kommunikativ geschickt zu designen. Datenerhebung ohne konkreten Nutzen für die Erhebenden wird zu schlechten Ergebnissen führen.
- Digitalisierungsprojekte mit Nutzer*innenforschung führen oft zu Bewegung in einer Organisation. Die Möglichkeit, Feedback zu aktuellen Prozessen zu geben, und die Erwartung, dass sich Arbeitsweisen ändern, lösen Befürchtungen und Wünsche aus. Es ist wichtig, genau zu prüfen, welche davon innerhalb des Projektumfangs liegen und welche das geplante Tool aufblähen und nicht mehr händelbar machen. Solche Entscheidungen müssen gut nachvollziehbar kommuniziert werden. Nicht erfüllte Bedarfe sollten dokumentiert und zeitnah wieder aufgegriffen werden. Gerade bei digitalen Projekten ist es entscheidend, eine umfassende Timeline zu kommunizieren, die das Einzelprojekt in einen größeren strategischen Kontext einbettet. Diese erweiterte Perspektive verdeutlicht, wie das aktuelle Vorhaben als Baustein in der langfristigen organisatorischen Entwicklung wirkt und schafft so Verständnis für die übergeordneten Transformationsziele.
- Eine Person als zentrale Ansprechpartnerin von Terre des Hommes zu haben, die die Strukturen und Menschen gut kennt, erlaubte von Anfang an die Kopplung an zentrale Prozesse sicherzustellen. Auch die Mandatierung durch Entscheidungsträger ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen.
- Für Terre des Hommes war das Projekt mit dem Civic Data Lab auch ein Experiment. Sie empfehlen anderen, Neues auszuprobieren statt an alten überkommenen Lösungen zu hängen.