Morgens, halb zehn in Deutschland. In den 80er Jahren hätte manche*r von uns, wie ein damaliger Werbespot verhieß, morgens genüsslich in einen Schokoriegel gebissen, um entspannt in den Tag zu starten. Heute jedoch sind wir schon mitten im Produktionsmodus der Daten, die um uns herum erzeugt werden – tausende sind es bereits, bevor der Tag richtig begonnen hat. Jeder Klick im Internet, jede Interaktion auf Social Media, jeder Einkauf hinterlässt digitale Spuren, die von Unternehmen, Regierungen und anderen Organisationen genutzt werden, um Muster zu erkennen und Entscheidungen zu treffen.
Morgendliche Routine: Das Aufwachen und Aufstehen eines Menschen in Deutschland (laut statistischem Bundesamt) liegt im Schnitt bei 6.30 Uhr. Während wir uns aus dem Schlaf lösen, sammeln unsere Geräte wie Wecker, Thermometer und Handy bereits eine Vielzahl von Daten – von unserem Standort über unsere Körpertemperatur bis hin zu unseren ersten Aktivitäten des Tages. Intelligente Wohnungen verstärken diesen Datensog noch weiter, indem sie eine Vielzahl von Daten über unsere Wohnsituation und unsere Gewohnheiten sammeln. Die Heizung lernt beispielsweise die Temperaturen kennen, die die Bewohner mögen und praktischerweise können diese mit Rauchmeldern oder Kameras verknüpft werden. Die Zeitung, die wir online zum Frühstück lesen, berücksichtigt, welche Artikel wir gelesen haben, welche Newsletter wir abonnieren oder welchen Kolumnisten wir folgen und bietet an, unser Leseverhalten individuell anzupassen. Selbst unsere Vorlieben für die morgendliche Meditation können erfasst werden, entsprechend personalisierte Werbung folgt uns auf Schritt und Tritt, z.B. zum Yoga-Retreat auf Sardinien oder auch die neueste Yoga-Matte.
Unterwegs: Auf dem Weg zur Arbeit werden unsere Bewegungen mittels GPS-Ortung durch das Handy, die Smartwatch oder das Auto erfasst. Dabei werden nicht nur Informationen über unsere Position, sondern auch über unsere Geschwindigkeit und das Wetter gesammelt. Diese Daten können mit anderen Datenquellen kombiniert werden, wie etwa unserem Puls oder unserer Internetnutzung.
Arbeitstag: Vom ersten Kaffee am Morgen bis zum letzten Meeting am Abend sammeln und nutzen wir Daten, um unseren Arbeitsalltag zu optimieren. Der Kaffeeautomat kennt bereits unsere Vorlieben und die unserer Kollegen, die Konferenzsoftware analysiert im Hintergrund unsere Sprachdaten, um die Spracherkennung zu verbessern – und das ist nur der Anfang.
Freizeit: Auch in unserer Freizeit sind wir von Daten umgeben. Digitale Hilfsmittel analysieren unsere Nachrichten, Anrufe und Verabredungen, einschließlich IP-Adressen, Browsertyp, Sprache, Betriebssystem, Fitbit- oder Mobilgerätedaten. Dating-Apps nutzen zudem sensible Daten wie unsere sexuelle Orientierung oder ethnische Herkunft. Dafür werden uns passend die Personen als Partnervorschläge über den Algorithmus angezeigt, die wir attraktiv finden – ob das immer gut ist? Und selbst zuhause, wenn wir Musik hören oder Essen bestellen, werden Unmengen von persönlichen Daten übermittelt und abgefragt. Wenn wir unser Essen via App bestellen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die App die von den Nutzern eingereichten Fotos verwendet, um unsere Identität zu überprüfen, z. B. durch Gesichtserkennungstechnologien. Und wenn wir Pizza dann online bezahlen, geben wir nicht nur unsere Anmelde- und Kontaktdate heraus, sondern Identifizierungs- und Unterschriftdaten (Face-ID) unsere Profildaten (Sprache, Bild, sensible personenbezogene Daten, die ggfs. Aufschluss auf Religion, politische Ansichten oder Behinderungen geben) und natürlich auch unsere Zahlungsinformationen. Nebenbei können auch Verhaltensmuster und persönliche (Pizza-)Vorlieben, Browsing- und Kaufgewohnheiten sowie unsere Kreditwürdigkeit abgefragt werden.
Die Quantität der generierten Daten innerhalb eines Tages ist ebenso beeindruckend wie vielfältig. Schätzungen zufolge werden jeden Tag mehrere Petabyte an Daten generiert, wobei das Volumen exponentiell zunimmt, da immer mehr Geräte und Systeme vernetzt und Menschen zunehmend online aktiv sind. Diese Daten umfassen alles an Texten, Bildern und Videos bis hin zu Sensorwerten, Transaktionsdaten und sozialen Interaktionen. Die Herausforderung besteht darin, diese enorme Datenmenge zu nutzen und zu verstehen, um sinnvolle Einblicke zu gewinnen und Mehrwerte zu schaffen.
Aber deswegen ist auch die Qualität der Daten so wichtig. Und das Civic Data Lab so relevant: Es gilt eben, qualitativ hochwertige Daten für die Zivilgesellschaft zu sammeln, um durch sie gesellschaftliche und soziale Mehrwerte durch ihre Auswertung, Analyse und Nutzbarkeit zu erzeugen. Für das Gemeinwohl. Daten sind hierbei nicht allein Ressource, sondern vor allem Verantwortung. Gerade darum ist es so wichtig, ethische Grundsätze und Datenschutzrichtlinien besonders zu beachten, die die Privatsphäre und Sicherheit der Menschen gewährleisten. Gleichzeitig bietet die Datenfülle auch immense Chancen für Innovationen, Fortschritt und gesellschaftliche Entwicklung. Denn Daten dürfen nicht nur eine Ressource sein, sondern bedeuten auch Verantwortung.