Demokratie-Wegweiser fördert Transparenz und Mitmach-Demokratie
Genau für diese wichtige Aufgabe der politischen Transparenz hat sich der Demokratie-Wegweiser auf den Weg gemacht und das Civic Data Lab ging ein Stück mit. Die Organisation möchte einen Wegweiser in der Demokratie bereitstellen und Politik ihre Gesichter zurückgeben, sodass jede und jeder seine Ansprechpersonen kennt und am politischen Dialog teilhaben kann. Die Idee ist denkbar einfach: Wenn ich weiß, wer wo für mich Verantwortung trägt, sinkt die Hemmschwelle, Ideen und Anliegen direkt anzusprechen. Das konkrete Ziel ist, alle relevanten Daten übersichtlich und zentral zu sammeln – von der Kommune bis zum Bund (und bald auch ins Europaparlament), zu Wahlkreisen und Mandatstragenden. Die Informationen werden in einer digitalen Landkarte ausgegeben – so will der Demokratie-Wegweiser Bürger*innen den Weg durch das Wirrwarr der Zuständigkeiten weisen, damit die Demokratie stärken und enttäuschte Bürger*innen wieder in den politischen Prozess einbinden. Nutzer*innen können auf der Website des Demokratie-Wegweisers ihre Adresse eingeben und erhalten Informationen darüber, welche Personen sie in ihrem Wahlkreis auf kommunaler, Landes- und Bundesebene vertreten. Bislang konnte dies für ausgewählte Regionen in Nordrhein-Westfalen pilotiert werden. Das kann man auch schon ausprobieren unter: karte.demokratie-wegweiser.de.
Dafür braucht es Daten über gewählte Vertreter*innen und Wahlkreise
Um diese Karte online zu bringen, braucht das Team des Demokratie-Wegweisers:
- Daten über gewählte Personen in jedem Wahlkreis (Name, Partei, Kontaktdaten- sowohl über die Liste Gewählte als auch die Direktkandidat*innen), jeweils auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene
- Die geographischen Daten, die es ermöglichen zu ermitteln und auf der Karte abzubilden, welche Adresse zu welchem Wahlkreis gehört, ebenfalls jeweils auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene.
Diese Daten sind auf den drei Ebenen mit sehr unterschiedlichem Aufwand verfügbar zu machen. Auf Bundesebene sind sie auf den Seiten der Bundeswahlleiterin als Downloads in maschinen- und menschenlesbaren Formaten bereitgestellt. Für die Bundesländer sind die Strukturen unterschiedlich. In Baden-Württemberg zum Beispiel hilft ein Blick auf die Seite des statistischen Landesamtes weiter, in Sachsen hat ein Projekt von Code for Germany die Lücke bzgl. der Geo-Daten geschlossen. Oft helfen für Shapefiles der Wahlkreise auch die Websites der Länder weiter oder auch ihre Open Data Portale. Wirklich schwierig wird es beim Versuch, flächendeckend Wahlkreise und -ergebnisse von Kommunen zu finden. Die Recherche wird bei einer Anzahl von 10.786 Kommunen in Deutschland (vgl. Destatis, 12.09.2023) schnell ausufernd.
Die öffentliche Verwaltung braucht dringend einheitliche Datenstandards für Transparenz
In Deutschland sind bisher keine einheitlichen digitalen Standards auf Kommunal- und Landesebene vorhanden, die es ermöglichen würden, Informationen über Wahlergebnisse und -bezirksgrenzen auf Datenportalen zu finden. Gerade auf kommunaler Ebene gibt es große Herausforderungen in der Datenerfassung und Datenverfügbarkeit aufgrund der großen Systemvielfalt und des Mangels an maschinenlesbaren Daten, da diese z.T. immer noch in analoger Form gesammelt werden. Dringend notwendig wäre, dass die Daten für alle Wahlkreise für alle Wahlen in einem einheitlichen digitalen Standard verfügbar und verknüpfbar sind, um eine transparente und übersichtliche Kommunikation über die Besetzung von Gremien und Ausschüssen zu ermöglichen. In ihrem Piloten für das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat der Demokratie-Wegweiser sich diese Datenbasis selbst geschaffen, indem sie mit sehr aufwendigen Recherchen die notwendige Datenbasis von Wahlkreis zu Wahlkreis selbst aufgebaut haben. Eine riesige Aufgabe, die dringend von Seiten der Politik bundesweit digitalisiert und standardisiert werden muss.
Darauf weisen zivilgesellschaftliche Akteur*innen wie die Open Knowledge Foundation e.V. und Parlamentwatch e.V. schon seit Jahren hin. Es wurden auch bereits konkrete Vorschläge und technische Umsetzungen entwickelt, zum Beispiel mit OParl zu anschlussfähigen Schnittstellen und Standards in Verbindung mit Ratsinformationssystemen. Das große Problem ist die Vereinheitlichung und die bundeseinheitliche Durchsetzung. Bei Oparl wurde konkret versucht, dies über einen Standard zu lösen und diesen möglichst breit einzuführen. Die Erfahrungen zeigen: Es scheint für eine echte Skalierung nicht ohne gesetzliche Regelungen zu funktionieren.
Datenrecherche Schritt für Schritt
So kommt es, dass Initiativen wie der Demokratie-Wegweiser ihre Datensätze in mühevoller Handarbeit zusammentragen müssen, zum Teil durch Abfragen bei jeder Kommune einzeln. In Nordrhein-Westfalen konnte der Demokratie-Wegweiser mit der Herstellerfirma voteIT der von den meisten Kommunen verwendeten Software votemanager eine Exportfunktion umsetzen. Diese ermöglicht es, Informationen zu Wahlergebnissen einfach an den Demokratie-Wegweiser zu übermitteln. Nach der nächsten Wahl ist dies ein weiteres Mal erforderlich, ganz davon abgesehen, dass damit Wechsel zwischen Wahlen nur unter großen Aufwänden mit aufgenommen werden können.
Auch Daten zu Wahlkreisen erfordern auf kommunaler Ebene kleinteilige Datenrecherchen. Teilweise liegen sie nur als Hausnummerlisten in PDF-Form oder als Ausdruck im Büro von Bürgermeister*innen vor. Diese müssen jeweils angefragt werden. Ein Algorithmus hilft dann bei der Umwandlung in die dazugehörigen Umrisse, die sich auf einer Karte darstellen lassen.
Das Civic Data Lab hat bei der Suche nach Anschlussmöglichkeiten von Daten für das Bundesland Baden-Württemberg an den Demokratie-Wegweiser unterstützt und wurde fündig – auch in Baden-Württemberg wird aktuell die Software votemanager eingeführt. Damit besteht die Chance, die dort verarbeiteten Daten im Idealfall per Schnittstelle zugänglich – oder wie in Nordrhein-Westfalen für die Kommunen zumindest exportier- und einreichbar zu machen. Umfassend eingesetzt wird die Software jedoch erst bei der nächsten Kommunalwahl im September 2024 – ein langer Weg, bis die Daten der Wahlergebnisse dann im Demokratie-Wegweiser veröffentlicht werden können.
Zentrale Verfügbarkeit von Daten: Ein dringendes Erfordernis für demokratische Transparenz
Es ist dringend notwendig, dass Daten nicht nur von einzelnen Kommunen maschinenlesbar vorgehalten werden, sondern auch für ein Bundesland oder zumindest für einen Bezirk vorhanden sind. Bundesweit verfügbare Daten über Verwaltungsgrenzen und Zuständigkeiten hinaus, gerade vor dem Hintergrund des Föderalismus und angesichts unterschiedlicher Wahlsysteme müssen endlich Bestandteil der demokratischen Selbstverpflichtung sein – auch und gerade, um Bürger*innen vor dem Gang zur Urne deutlich zu machen, wo ihre Stimme wirkt und dass sie einen Unterschied macht.
Learnings aus dem Civic Data Lab Datenvorhaben im Überblick:
- Gerade auf der kommunalen Ebene bestehen aufgrund der großen Systemvielfalt und des Mangels an maschinenlesbaren Daten große Herausforderungen bei der Datenerhebung und -verfügbarkeit. Selbst wenn die Daten in einzelnen Kommunen maschinenlesbar vorliegen, sind die Daten nicht für ein ganzes Bundesland, einen Bezirk oder gar bundesweit verfügbar.
- Zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich die Förderung der Demokratie zur Aufgabe machen, müssen die benötigten Daten in mühevoller Handarbeit zusammentragen. Auch die Aktualisierung lässt sich nur schwer automatisieren. So kann es leicht zu fehlerhaften Daten und vor allem zu enormen Aufwänden kommen.
Forderungen an eine Open Data förderliche Gesetzgebung:
- Es bedarf einheitlicher Standards und Datenportale, in denen die Daten möglichst aggregiert und mit einheitlichen Identifikatoren nach den FAIR-Prinzipien vorgehalten werden.
- Daten, die analog in Listenform vorliegen, müssen in standardisierte digitale Formate überführt werden.
- Geodaten zu Wahlkreisen sollten für alle Wahlen vorgehalten werden und verknüpfbar sein.
- Zivilgesellschaftliche Lösungsvorschläge wie OParl sollten aufgegriffen und in die Nutzung gebracht werden. Außerdem brauchen sie nachhaltige Unterstützung. Viele gute Ideen und Open Data Angebote wie politik-bei-uns.de, kleineanfragen.de und offenedaten.de mussten bereits eingestellt werden, weil sie auf Dauer nicht durch ehrenamtliches Engagement betrieben werden konnten. Die Schaffung von Strukturen für eine transparente Verwaltung und eine partizipative Demokratie bleiben staatliche Aufgabe und erfordern das Handeln des Gesetzgebers für eine vergleichbare Veröffentlichung und Visualisierung von Wahlergebnissen.
Links zu Datenquellen
Die Ergebnisse der Bundestagwahl werden direkt vom Bundeswahlleiter als Open Data bereit gestellt
https://www.bundeswahlleiterin.de/bundestagswahlen/2021/ergebnisse.html
Die Shapefiles zu den Wahlkreisen auf Bundesebene finden sich auf der Seite der Bundeswahlleiterin
https://www.bundeswahlleiterin.de/bundestagswahlen/2017/wahlkreiseinteilung/downloads.html
Zu den Ergebnissen der Landtagwahlen veröffentlicht das Statistikportal des Bundes eine Übersicht, in der sich alle Ergebnisse finden:
https://www.statistikportal.de/de/wahlen#datenbanken
Die Ergebnisse auf der Aggregationsebene der Städte findet sich auch dort verlinkt in der Regionalstatistik.
Wenn Daten für eine konkrete Landtagswahl gesucht werden, werden diese in unterschiedlichen Formaten auf Webangeboten der Bundesländer veröffentlicht.
Mehr zum Demokratie-Wegweiser
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