Die Britin Florence Nightingale stammt aus gut behütetem und gutem Hause und galt schon als Kind als außergewöhnlich intelligent. Sie liest und lernt ununterbrochen, spricht fließend griechisch, französisch und italienisch, ist hervorragend in Chemie und Mathematik. Aber besonders Statistik und Daten haben es ihr angetan.
Florence hat einen eigenen Kopf. Sie möchte Krankenschwester werden, das steht für sie schon sehr früh fest. Damals ein Beruf, der wahrlich keinen guten Ruf hat und der für eine Frau ihres Standes eigentlich undenkbar ist. Pflegerinnen sind in der Regel ungebildet, erhalten gar keinen oder sehr wenig Lohn und sind häufig ohne jegliche Ausbildung. Auch Krankenhäuser, wie wir sie heute kennen, gibt es noch nicht – die genannten Siechenhäuser, in denen in der Regel nur Alleinstehende und Arme landeten, sind unhygienisch und stinken, es gibt kein frisches Wasser, geschweige denn Toiletten.
Ein Jahrzehnt später, mit Anfang 30, setzt Florence sich endlich gegen den Willen ihrer Eltern durch und reist nach Deutschland, um bei den Diakonissen in Kaiserswerth in der Nähe von Düsseldorf zu lernen, wie man Verbände anlegt, Kranke pflegt oder Wunden fachgerecht versorgt. Und Florence setzt sich mit ihrem ganzen Wesen und mit ihrer ganzen Führsorge für Menschen in Not ein: Als Leiterin eines Pflegeheims in London, als Pflegekraft während der schweren Cholera-Epidemie oder auch im Krimkrieg, wo sie unter schwersten hygienischen Bedingungen ihren Dienst tut.
Nach England zurückgekehrt, wird sie von vielen bewundert, weil sie als das Ideal der aufopfernden Frau gilt und von den Soldaten mystifiziert wird. Bald ist sie landesweit bekannt als „die Lady mit der Lampe“, mit der sie spätabends immer über die Krankenflure schleicht und noch einmal nachsieht, wie es ihren Patienten geht. Auch die erste Spendensammlung in der Geschichte Englands, die sich an alle Bevölkerungsschichten richtet, ist ihr zu verdanken und ein grandioser Erfolg mit deren Erlös eine Pflegeschule gebaut wird.
Nach dem Einsatz im Krimkrieg ist Florence allerdings körperlich schwer gezeichnet. Eine chronische Erkrankung schwächt sie und macht sie zur Invalidin – bis heute weiß niemand genau, an was sie litt. Von nun an widmet sie sich ausführlich den Naturwissenschaften und allen voran – den Daten. Sie sammelt akribisch Unmengen an Daten, bereitet sie statistisch auf und analysiert sie mit großer Sachkenntnis. Sie entwickelt Fragebögen und schafft mit deren Auswertungen Grundlagen. Zum Anderen kombinierte sie ihre Ergebnisse mit vorhandenen Datensätzen – all das bildet die Argumentation ihrer konkreten und verständlichen Reformvorschläge in der Pflege. Florence wissenschaftliche Akribie, verbunden mit ihrer Zähigkeit und ihren politischen Kontakten hatten auch längerfristig Erfolg: nach ihren Modellen wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmalig eine Reihe von modernen Krankenpflegeschulen in England errichtet, Krankenhäuser und Lazarette umgebaut und flächendeckend hygienische Standards eingeführt.
Florence Nightingale gilt heute als die Begründerin der modernen Pflegewissenschaft und als eine der ersten Frauen mit Datenexpertise. Ihr Blick für die Grundlagen, verbunden mit der Beobachtungsgabe für menschliche Schicksale machen sie zu einer Pionieren, deren Reformen bis heute nachwirken.