Förderanträge mit KI: Warum Ein-Klick-Lösungen scheitern und was wirklich funktioniert!
Förderanträge mit einem Klick erstellen. Klingt verlockend, oder? Gerade wenn man weiß, wie viel Zeit und Nerven die Antragstellung kosten kann. Kein Wunder, dass KI-Tools aktuell boomen. Doch was als Abkürzung gedacht ist, wird schnell zum Bumerang: Denn ein Antrag ist nicht nur eine bürokratische Textaufgabe, sondern ein Instrument, um Vertrauen aufzubauen. In diesem Blogartikel stellt die Fördermittelberaterin Mira Pape Strategien, Anwendungsfälle und Tools für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Fördermittelgewinnung vor.
15. 09. 2025
Förderanträge mit einem Klick erstellen. Klingt verlockend, oder? Gerade wenn man weiß, wie viel Zeit und Nerven die Antragstellung kosten kann. Kein Wunder, dass KI-Tools aktuell boomen. In diesem Blogartikel liegt der Fokus dabei vor allem auf Anwendungen, die auf Large Language Models basieren und in erster Linie Aufgaben zur Verarbeitung von Sprache bewältigen können. Doch was als Abkürzung gedacht ist, wird schnell zum Bumerang: Denn ein Antrag ist nicht nur eine bürokratische Textaufgabe, sondern ein Instrument, um Vertrauen aufzubauen.
Und genau da beginnt das Problem.
Die Idee hinter den sogenannten Ein-Klick-Anträgen ist einfach: Du gibst ein paar Stichpunkte ein und bekommst in wenigen Sekunden einen scheinbar vollständigen Antragstext. Strukturiert, flüssig geschrieben, formal korrekt. Auf den ersten Blick wirkt das wie eine echte Erleichterung. Doch beim zweiten Blick zeigt sich: Diese Texte sind oft ungeeignet.
Warum ist das so?
Dafür hilft ein kurzer Blick zurück:
Warum gibt es Förderanträge überhaupt?
Förderanträge erfüllen zwei zentrale Funktionen.
Erstens: Damit Fördermittelgeber verschiedene Projektideen vergleichen können. Der Antrag ist ihre Bewertungsgrundlage. Er hilft ihnen zu entscheiden, welches Vorhaben am besten zu ihren Zielen passt und welche Organisation sie unterstützen möchten.
Zweitens: Damit die fördernde Stelle erkennen kann, ob eine Organisation wirklich durchdacht hat, was sie tun will. Ob das Projekt realistisch ist. Ob der Plan funktioniert. Ob das Team weiß, worauf es sich einlässt.
Und genau bei diesem zweiten Punkt hapert es, wenn wir über Ein-Klick-Anträge sprechen.
Denn wenn wir nur ein paar Stichpunkte eingeben, passiert eins von zwei Dingen:
Entweder: Die KI muss die Lücken selbst füllen. Und das bedeutet, sie erfindet, interpretiert oder vermutet Inhalte. Das kann zu Aussagen führen, die am eigentlichen Projekt vorbeigehen.
Oder: Wir geben der KI schon eine sehr detaillierte Projektskizze, die fast alles enthält und lassen den Text nur noch „schönschreiben“. Aber dann ist der große Zeitgewinn futsch. Denn dann haben wir die ganze inhaltliche Arbeit längst erledigt.
In beiden Fällen wird klar: Ohne echte inhaltliche Auseinandersetzung funktioniert es nicht. Denn Förderanträge sind keine reinen Textprodukte. Sie sind auch Teil der Projektentwicklung.

Förderanträge sind keine Textprodukte. Sie sind Vertrauensarbeit
Ein Förderantrag ist mehr als die formale Beschreibung eines Projekts. Er macht sichtbar, mit welcher Haltung ihr an das Projekt herangeht, wie professionell ihr arbeitet und ob ihr in der Lage seid, das Vorhaben überzeugend umzusetzen.
Mit ihm sagst du dem Förderer sinngemäß:
- „Wir verstehen eure Mission.“
- „Wir haben die Kompetenz, dieses Projekt durchzuführen.“
- „Wir sind die richtige Organisation für euer Geld.“
Denn Fördermittelgeber merken, wenn ein Antrag durchdacht wurde.
Und glaubt mir: Die Sachbearbeiter*innen lesen jeden Tag eine Vielzahl von Anträgen. Sie merken auch, wenn jemand keine Gedanken reingesteckt hat. Und ja – sie erkennen mittlerweile auch, wenn ein Text hauptsächlich von KI geschrieben wurde.
Die Geschäftsführerin der DSEE hat es bei einer Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Fundraising Kongress sehr treffend gesagt:
„Es wird langsam langweilig.“
Und wenn ihr eins nicht ausstrahlen wollt mit eurem Antrag, dann ist es Langeweile.

Was KI leisten kann und was nicht
Die gute Nachricht: KI ist nicht das Problem. Im Gegenteil, sie kann enorm unterstützen:
- beim Strukturieren komplexer Inhalte,
- beim Formulieren erster Entwürfe,
- beim Glätten von Sprache und Tonalität.
Mit einer klaren Projektidee und gutem Input kannst du 60–80 % der Zeit sparen.
Aber: KI kann nicht entscheiden, was das Projekt ausmacht – nur, wie es formuliert wird.
Natürlich kann KI theoretisch auch Wirkungsketten bauen oder Zielgruppen beschreiben. Aber ohne Kontext, Fachwissen und Entscheidungskompetenz tut sie das rein statistisch, basierend auf typischen Mustern aus ihren Trainingsdaten.
Sie ahmt nach, was häufig gesagt wird, nicht, was für euch und eure Zielgruppe gerade richtig ist.
Was KI nicht kann – zumindest nicht im Sinne guter Förderpraxis – ist:
- Projektentwicklung ersetzen
- die Haltung und Motivation eures Teams authentisch transportieren
- implizites Wissen einbeziehen (zum Beispiel aus Gesprächen mit Fördermittelgebern oder internen Abstimmungen)
- zwischen standardisierten Floskeln und echten Alleinstellungsmerkmalen unterscheiden
Deshalb ist es so entscheidend, wie ihr mit der KI arbeitet und welche Informationen ihr ihr gebt.
Prompt-Magie? Fehlanzeige.
Es kursieren viele Mythen über das „richtige Prompting“. Manche glauben, mit bestimmten Zauberformeln bessere Ergebnisse zu erzielen. Aber: Bei Projektanträgen ist das Problem fast nie der Prompt. Sondern der fehlende Kontext.
Wenn du der KI nicht sagst:
- Wer ihr seid,
- was euer Projekt ausmacht,
- warum es zur Ausschreibung passt,
…dann bleibt der Output unkonkret und beliebig.
Und genau dann passieren die typischen Fehler.
Die sechs häufigsten Fehler beim Einsatz von KI in Förderanträgen
Wenn du mit KI an deinem Antrag arbeitest, wirst du feststellen: Sie kann dir eine Menge Arbeit abnehmen, aber eben nicht alles. Vor allem dann nicht, wenn du dich blind auf die generierten Texte verlässt.
Hier sind sechs typische Fehler, die ich in Anträgen, die mit Künstlicher Intelligenz geschrieben worden sind, immer wieder sehe:
- Oberflächlichkeit
Die richtigen Schlagworte sind da: Inklusion, Nachhaltigkeit, Teilhabe, kulturelle Bildung. Aber oft bleibt es genau dabei. Schlagworte ohne Substanz.
Das klingt dann nett, sagt aber wenig aus. Fördermittelgeber merken schnell, wenn Begriffe ohne Konzept dahinter verwendet werden. Die Frage, die dann im Raum steht: Wissen die überhaupt, was sie da tun wollen? - Inkonsistenzen
Zu Beginn richtet sich das Projekt an Jugendliche von 12 bis 18 Jahren, später an 16 bis 27. Ihr nennt der KI konkrete Orte wie „Stadtteilzentrum X“. Daraus macht sie dann ein vages „an verschiedenen sozialen Einrichtungen“. Die KI hält den roten Faden nicht für dich. Das musst du übernehmen. - Falsche Informationen
Manchmal tauchen Projektpartner, Zeitpläne oder Budgets auf, die so nie geplant waren. Oder sie dichtet Maßnahmen dazu, die ihr gar nicht vorgesehen habt.
Solche Fehler passieren selten, sind aber schwerwiegend. Im besten Fall führt es zur Ablehnung. Im schlechtesten Fall zur Zusage für ein Projekt, das ihr so nicht umsetzen könnt. Und dann wird es unangenehm. - Fehlender Kompetenzbeweis
Warum genau ihr? Warum euer Team?
Diese Fragen beantwortet die KI nicht überzeugend. Sie kennt euch nicht.
Eure Erfahrung, eure Nähe zur Zielgruppe, eure bisherigen Projekte – das müsst ihr einbringen. Fördermittelgeber wollen sehen, dass ihr die Richtigen seid. - Keine Haltung
Viele Anträge klingen mittlerweile gleich. Formal sauber, aber ohne eigene Stimme. Ein schlechter, KI-generierter Text riskiert, dass euer Vorhaben beliebig, oberflächlich und austauschbar wirkt. Ein Antrag soll nicht standardisiert wirken, sondern er soll sichtbar machen, welche Lücke ihr schließt und warum sie jetzt nicht länger bestehen darf. - Unklarer Projektumfang
Die KI wird immer vorschlagen, dass ihr “zur Öffentlichkeitsarbeit auch Social Media Beiträge macht”. Warum? Weil sie gelernt hat, dass das oft so ist.
Aber: Wenn das nicht Teil eures Plans ist, dann lass dir deinen Projektumfang nicht von der KI aufzwingen. Sobald der Antrag zu groß, zu vage oder zu vollgepackt wirkt, wird’s kritisch. Ein klarer, realistisch abgegrenzter Antrag wirkt tausendmal professioneller.
Was all diese Fehler gemeinsam haben: Sie entstehen nicht, weil KI per se schlecht arbeitet, sondern weil sie ohne Kontext ins Leere läuft. Wenn du willst, dass KI dir bei der Antragstellung wirklich hilft, musst du ihr zeigen, wohin die Reise geht.
Gib ihr Kontext statt Kommandos. Das ist der eigentliche Trick.

Deine Checkliste: Drei Dinge, die du vorbereiten solltest, bevor du mit KI deinen Projektantrag schreibst
Du willst Zeit sparen, nicht Qualität. Und das geht nur, wenn die KI von Anfang an weiß, worum es geht. Hier sind die drei Dinge, die du vor dem ersten Textentwurf vorbereiten solltest.
- Eure Organisation
Dieser Teil bleibt über Anträge hinweg meist gleich. Deshalb lohnt es sich, ihn einmal ausführlich aufzubereiten.
Was rein sollte:
- Organisationsprofil (Gründung, Vision, Schwerpunkte)
- Wirkungsmodell und Zielgruppen
- Erfolgreiche Projekte und Referenzen
- Qualifikationen im Team
- Euer Projekt
Dieser Teil ist fluide – also veränderlich – und wird meist für jeden Antrag neu erstellt. Wichtig ist: Mach es dir einfach. Die Projektbeschreibung muss nicht perfekt formuliert sein. Hauptsache, sie ist vollständig.
Du kannst zum Beispiel:
- Stichpunkte oder Gliederungsskizzen nutzen
- Ein bestehendes Konzeptpapier bereitstellen
- Eine Sprachaufnahme machen, in der du das Projekt erklärst
- Ein Teammeeting aufnehmen, in dem das Projekt besprochen wird
💡 Tipp: Sprich dein Projekt einfach frei ein – so wie du es jemandem erklären würdest. Die KI kann aus dem Transkript dieser Aufnahme erstaunlich viel herausholen.
- Informationen über den Fördermittelgeber
Dieser Teil kommt oft erst im zweiten Schritt ins Spiel – wenn der Antrag schon in einer Rohfassung steht und jetzt auf die Ausschreibung zugeschnitten wird.
Was du der KI dazu geben solltest:
- Die Förderrichtlinie (idealerweise als Text oder PDF)
- Die Ausschreibung mit Schlüsselbegriffen
- Vision und Mission von der Website des Fördermittelgebers
Mit diesen drei Bausteinen fütterst du die KI so, dass sie dir wirklich hilft, statt dich mit leeren Floskeln zu vertrösten. Und du bist bestens vorbereitet, egal welche Ausschreibung als nächstes kommt.

Tools & Workflows, die funktionieren
Zuerst die gute Nachricht: Du brauchst nicht 15 Tools.
Die meisten Organisationen fahren am besten mit einem Allrounder-Tool (z.B. ChatGPT, Claude, Gemini oder Perplexity), in dem sie sich richtig gut auskennen.
Wichtig: Verzettel dich nicht bei der Tool-Suche.
Geh mit dem Tool, das dir liegt und lerne, wie du es optimal einsetzt. Der größte Hebel liegt nicht im „richtigen“ Tool, sondern im richtigen Umgang damit.
Mein Lieblings-Workflow: Sprechen statt tippen
Ich starte fast alle Anträge per Sprachaufnahme. Ich erzähle frei, was wir vorhaben, so, wie ich es einer Kollegin oder einem Kollegen erzählen würde. Danach lasse ich das Gesprochene transkribieren. Und genau mit diesem Transkript arbeite ich weiter in der KI.
Vorteil:
- Du musst nicht über den perfekten Einstieg nachdenken
- Die KI bekommt echten Kontext – in deiner Sprache, mit deinen Gedanken
- Du sparst Zeit und bleibst im Flow
Das geht ganz einfach per Handyaufnahme oder direkt im KI-Tool deiner Wahl.
Zwei Spezial-Tools für Antrag und Recherche
Neben den großen Allroundern gibt es auch zwei Tools, die speziell für Fördermittelarbeit gemacht wurden:
Grantable
Ein KI-Tool fürs Antragsschreiben mit Fokus auf Kontext und guten Ablagestrukturen. Du kannst dort deinen Sprachstil, vergangene Antragstexte, Infos zu Förderprogrammen und deiner Organisation hinterlegen. Ich bin seit zwei Jahren mit dem Entwicklerteam im Austausch und besonders in diesem Jahr hat das Tool riesige Fortschritte gemacht.
Fördermittel-Kompass von Reflecta
Ein KI-gestütztes Recherchetool, das dir hilft, die passenden Förderprogramme zu finden. Gefördert von der DSEE und seit Sommer 2025 verfügbar. Mir gefällt hier besonders die intuitive Benutzeroberfläche. Es wird bestimmt die ein oder andere Fördermöglichkeit aufdecken, an die ihr noch nicht gedacht habt.
Baue dir deinen eigenen KI-Assistenten
Wenn du regelmäßig mit Förderanträgen arbeitest, lohnt es sich, über individuelle KI-Assistenten nachzudenken. Das bedeutet: Du definierst einmal die wichtigsten Aufgaben, deinen Schreibstil und Hintergrundinformationen. Dann hat der Assistent diese Informationen jedes mal parat.
Die folgenden Assistenten sind besonders sinnvoll für die Fördermittelarbeit:
- Projektentwicklungs-Assistent: Macht aus deiner ersten Idee ein förderfähiges Konzept.
- Schreib-Assistent: Hilft dir bei großen und kleinen Schreibaufgaben rund um deinen Antrag.
- Feedback-Assistent: Prüft deinen Förderantrag Schritt-für-Schritt.
Der wichtigste Tipp: Fang mit deinen eigenen Worten an
Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis: Die erste Seite eines Antrags solltest du immer selbst schreiben. Warum?
Weil sie den Ton für den ganzen Antrag angibt.
Der erste Eindruck entscheidet darüber, wie die Person auf der anderen Seite deinen Antrag liest – aufmerksam, interessiert, wohlwollend. Oder eben nicht.
Lass die KI gern später beim Glätten oder Strukturieren helfen.
Aber der Anfang? Der kommt von dir.
Fazit: KI ist kein Shortcut, sondern ein Werkzeug
Der Einsatz von KI kann die Antragstellung effizienter machen. Er hilft, Inhalte zu strukturieren, Texte vorzubereiten und sprachlich zu optimieren. Aber die Anforderungen an einen guten Antrag bleiben gleich: ein durchdachtes Konzept und ein stimmiger Bezug zur Ausschreibung.
Fördermittelgeber wollen erkennen, dass eine Organisation versteht, was sie tut. KI ist dabei ein hilfreiches Werkzeug. Sie ersetzt jedoch nicht die fachliche, strategische und organisatorische Arbeit, die einem guten Antrag vorausgeht.
Wer sie gezielt einsetzt und ihre Grenzen kennt, kann viel Zeit sparen, ohne an Qualität zu verlieren.

Mira Pape ist zertifizierte Fördermittelberaterin mit einem Schwerpunkt auf dem sinnvollen Einsatz von KI im Arbeitsalltag gemeinnütziger Akteur*innen.
Mit dem von ihr entwickelten KIAD-Ansatz zeigt sie, wie sich Strukturen und Prozesse in der Fördermittelakquise effizienter gestalten lassen.
2024 nahmen über 2.000 Personen an ihren Einstiegsseminaren zum Thema „Künstliche Intelligenz in der Fördermittelgewinnung“ teil. Die 6-wöchige KI-Weiterbildung für Fördermittelmanager*innen findet 2025 bereits zum vierten Mal statt. Sie bietet neben Beratungen auch Weiterbildungen, ein kompaktes KI-Assistenten-Bootcamp und eine 6-wöchige KI-Weiterbildung an.