Zum Inhalt springen

Kommuki – Open Data aus Bürger- und Jugendbeteiligungsprojekten. Neues Datenvorhaben im CDL

„Über 6000 Ideen aus Bürger- und Jugendbeteiligungsprojekten sind einfach zu wertvoll, um sie nur in unserer Cloud abzulegen. Da steckt doch noch Potential drin!“ Diese Ausgangsmotivation kennen nicht nur Monika und Gregor von Politik zum Anfassen e.V. – doch sie haben sich auf den Weg gemacht und gemeinsam mit dem Civic Data Lab den besten Weg zur Bereitstellung ihrer Daten gesucht und gefunden.


11. 09. 2024

Die Arbeit von Politik zum Anfassen e.V. macht Lust auf Demokratie in Projekten zur politischen Bildung und Beteiligung – zum Beispiel mit dem Kommunalpolitik-Planspiel „Pimp Your Town!“. Dabei schlüpfen junge Menschen in die Rollen von Kommunalpolitiker*innen und erarbeiten Anträge zur Verbesserung ihrer Kommune, die dann idealerweise auch in die „reale“ Politik getragen werden. Mittlerweile sind dabei ca. 6500 Ideen entstanden, die nicht nur für die eigene Kommunalverwaltung interessant sein dürften. Doch bisher fehlt es an einer Möglichkeit, diese Daten auch anderen zur Verfügung zu stellen, durchsuch- und nutzbar zu machen sowie den Status der tatsächlichen politischen Umsetzung von Ideen zu kommunizieren.

Mit dieser Problemstellung kam der Verein auf uns im Civic Data Lab zu. Gemeinsam haben wir uns an die Umsetzung gemacht. Aktuell liegt ein Minimal Viable Product (MVP) für die interne Testung vor. Die Veröffentlichung ist für September geplant – wir lassen euch wissen, sobald ihr die Seite ausprobieren könnt. In diesem Artikel möchten wir zeigen, wie wir an das Projekt herangegangen sind.

Für wen und wofür werden die Daten bereitgestellt?

Wie immer bei der Produktentwicklung ist es wichtig zu wissen, für wen und wozu die Daten bereitgestellt werden sollen und wie diese darauf zugreifen werden. So kann die Aufbereitung und Darstellung auf eine Weise erfolgen, die Nutzer*innen einen leichten Einstieg bietet. Im Fokus des Projektes von Politik zum Anfassen stehen drei Gruppen:

  1. Mitarbeitende in Kommunalverwaltungen wollen Beteiligungsprojekte in ihrer Kommune zeigen. Gerade bei kleineren Kommunen fehlt ein digitaler Ort, um Ideen aus Jugendbeteiligungsprojekten sichtbar zu machen und weitere Prozesse der tatsächlichen Antragsstellung und Umsetzung zu kommunizieren.
  2. (Ehrenamtliche) Kommunalpolitiker*innen möchten wissen, was jungen Wähler*innen wichtig ist und suchen Inspiration ohne aufwendige Recherchen – zugleich wollen sie Umsetzungserfolge sichtbar machen.
  3. Forschende suchen Daten, z.B. zu den Themen “(Jugend)beteiligung” oder “Bedarfe von Jugendlichen” und können dabei meist nur auf die großen Trendstudien oder eigene Erhebungen zurückgreifen. Die Ideensammlungen bieten interessante Analysepotentiale, auch weil sie mit Lebensumfeldern (urban/ ländlich, große Kommune/ kleine Kommune) und Zeitverläufen (Beteiligungsprojekte seit 2009) verbindbar sind.

Während für die Forschung OpenData als Schnittstelle (API) und Download am sinnvollsten weiterzuverwenden sind, sind die Kompetenzen zur eigenen Analyse in den Kommunen und bei Politiker*innen meist nicht so weit verbreitet. Hierfür werden andere Formen der Darstellung benötigt. Eine filterbare Ansicht von Ideen und Jugendbeteiligungsprojekten soll Überblick verschaffen. Und die Nutzung einer generativen KI soll es Nutzer*innen ermöglichen, ihre Fragen an die Daten in natürlicher Sprache zu stellen.

Wie liegen die Daten vor und welche Bereinigungsschritte sind erforderlich?

Bei den Jugendbeteiligungsprojekten werden Ideen über Online-Formulare eingereicht und automatisiert in Tabellen beim Cloudanbieter (hier Google Sheets) gesammelt. Für jedes Projekt, z.B. „Pimp Your Town! Isernhagen“, gibt es also eine Tabelle. In manchen Kommunen haben schon mehrere Projekte stattgefunden.

Zum Glück ist die Benennung der Dimensionen gleichbleibend (d.h. es werden zu jeder Idee die gleichen Informationen abgefragt), sodass ein Zusammenfügen der getrennt vorliegenden Dateien  möglich war. Hier war jedoch einiges an manueller Arbeit erforderlich, um die Dateien in ein wirklich standardisiertes Format zu bringen – viele kleine Abweichungen, z.B. bei der Benennung von Spalten oder in der Vergabe von Kategorien, erforderten einen manuellen Review aller Dateien. Für das MVP war dieser einmalige Arbeitsaufwand vertretbar – in Zukunft kann die neue Nachnutzung der Daten vielleicht noch zu weiteren Standardisierungen und Automatisierungen im Erhebungs- und Verarbeitungsprozess führen.

Da der Datensatz mit den zukünftigen Beteiligungsprojekten zwar organisch und kontinuierlich weiterwachsen wird, aber eine überschaubare Größe hat und zudem nur wenig Ressourcen zur Verfügung stehen, war schnell klar: Ein Open-Data-Datenportal wäre zu aufwendig. Zusammen mit den anderen Anwendungsfällen soll eine übersichtlich gehaltene Website entstehen. Das nötige Community Management und die Öffentlichkeitsarbeit dazu kann Politik zum Anfassen e.V. gut mit ihren anderen Tätigkeiten vereinen.

Technisch gesehen teilen sich die einzelnen Informationen auf drei Tabellen auf: Kommune, Projekt, Idee. Die Ideen haben am meisten Informationen wie den Ausschuss oder den Umsetzungsstatus.  Aber auch zu den Projekten gibt es jeweils Metadaten, z.B. in welchem Jahr es stattgefunden hat. Bei den Kommunen wurden noch die Amtlichen Gemeindeschlüssel (AGS) ergänzt, um die Daten an andere offene Daten anbindbar zu machen.

Welche Schritte sind zur Umsetzung zu tun und wer kann dabei unterstützen?

Für die Umsetzung der Website mit den Funktionen Open Data bereitstellen, Datensatz filtern und durchsuchen sowie Interaktion mit einem Large-Language-Modell (LLM) ist ein Backend sowie ein bedienungsfreundliches Frontend erforderlich. Damit die Website-Texte in Zukunft niedrigschwellig von Mitarbeiter*innen von Politik zum Anfassen e.V. gepflegt werden können, bietet sich für das Backend ein Content-Management-System an. Die sprachliche Interaktion soll mittels Retrieval-Augmented Generation (RAG) umgesetzt werden.

Als CDL haben wir in Abstimmung mit Politik zum Anfassen e.V. einen Anforderungskatalog und erste Arbeitspakete definiert (Bei vertieftem Interesse können diese hier eingesehen werden.). Erforderlich sind die Definition und Umsetzung von Struktur und Webdesign, die Entwicklung des passenden Datenmodells und Aufbereitung sowie Ergänzung und Migration der vorhandenen Daten und die Entwicklung des Sprachmodells.

Für die Entwicklung fanden wir Unterstützung bei den Syndicats und ihrem Partnernetzwerk Syndiworks. UX Designerin Susann Maßlau, Fullstackentwickler Tobias Arweiler und Kai Lehmann als Entwickler des LLM waren ein tolles Team. Ohne die große persönliche Leidenschaft wäre das Projekt vermutlich nicht möglich gewesen. Die Partnerschaft von Politik zum Anfassen mit der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung erlaubte es, ein Gesamtpaket zu schnüren und eine benutzer*innenfreundliche und dem Datenmodell angemessene Umsetzung zu beauftragen.

Besonderes Augenmerk legten wir in der Konzeption auf die vorgesehenen Mitwirkungsformen: Kommunalverwaltungen sollen Statusupdates für die Ideen aus ihrer Kommune eintragen und weitere Ideen aus anderen Jugendbeteiligungsprojekten einreichen können. Ein umfangreiches Rollenkonzept sollte jedoch nicht eingeführt werden, weshalb die Administration der Daten im Content-Management-System in Händen von Politik zum Anfassen verbleibt. Daten werden ihnen von Kommunalverwaltungen per E-Mail zugesandt und von Politik zum Anfassen per Import mithilfe einer Vorlage eingepflegt, Accounts zur Pflege des Umsetzungsstatus in einer Frontendmaske werden persönlich vergeben. Die eher als gering zu erwartenden Zahlen der Mitwirkenden ermöglichen dies.

Das Sprachmodell wurde mit einer Technik umgesetzt, die generative Künstliche Intelligenz um die Möglichkeiten von abfragebasierten Modellen kombiniert (Retrieval Augmented Generation (RAG)). Hier können genauere Ergebnisse geliefert werden, indem spezifische Quellen hinterlegt werden. Bei unserem Projekt sind das neben den Daten aus den Jugendbeteiligungsprojekten auch ausgewählte Quellen zum Thema Jugend- und Bürgerbeteiligung. So können Nutzer*innen sich auch zu Best Practices für gute kommunale Bürgerbeteiligung informieren.

Welche Ressourcen braucht man neben der Entwicklung noch?

Projektförderung endet irgendwann – so auch die Mittel, die das CDL zur Umsetzung von Datenvorhaben zur Verfügung stellen kann. Deshalb ist es für zivilgesellschaftliche Akteur*innen von Anfang an wichtig, technikbasierte Services nicht nur als einmalige Entwicklungsleistung, sondern auch als langfristigen Produktbetrieb zu betrachten. Es fallen Kosten für Serverkapazitäten und Wartung an — für dieses Vorhaben ca. 20-30 Euro pro Monat. Gut ist zudem, wenn man innerhalb der Organisation oder im Umfeld eigene Kompetenzen hat, um kleinere Bugs oder Veränderungswünsche direkt im Code anzupassen – sonst müssen weitere Kosten für jede kleine Anpassung kalkuliert werden.

Dazu kommt, dass Prozesse der Datenerhebung und -veröffentlichung als Ganzes betrachtet werden sollten und sich mitunter verändern, wenn sich die Nutzung oder Entstehungskontexte verändern. Auch diese Prozessanpassungen brauchen ihre Zeit und sollten von Anfang an als mögliche Zeitaufwände mit einkalkuliert werden. Das Ergebnis werden effiziente Workflows sein, die sich lohnen.

Euer Zugang zu den Daten

Das Produkt ist bereits online verfügbar, auch wenn es noch einmal umziehen wird. KommukiDie Plattform für gute Ideen findet Ihr ab sofort unter http://www.kommuki.de/. Hier könnt Ihr könnt auf alle spannenden Informationen aus dem Bereich Jugend- und Bürger*innenbeteiligung zugreifen.

Und Ihr?

Wer sich selbst an die Veröffentlichung von Daten machen möchte, muss nicht immer gleich eine komplett neue Website aufsetzen. Oft genügt die Bereitstellung auf einer bestehenden Website. Dazu müssen Lizenzen definiert, Formate passend gemacht und Metadaten definiert werden. Eine gute Anleitung bietet der Open Data Leitfaden für die Zivilgesellschaft, herausgegeben von der Bertelsmann Stiftung und Bernhard Krabina. Unsere Academy bietet auch immer wieder Workshops zum Thema an. Behaltet die Civic Data Academy im Auge, wenn Ihr wie Monika und Gregor wollt, dass das Potenzial eurer wertvollen Daten für die ganze Gesellschaft nutzbar wird.

Newsletter Teaser (2)

Autor*innen


Mehr zum Thema Open Data in der Academy: