April, April – der macht was er will…
oder besser: wir nutzen die abwechslungsreichen April-Kapriolen, um Euch ein vielfältiges Angebot zu präsentieren – hier unsere Rückschau und die Updates in den Wonnemonat Mai.
Das Civic Data Lab führt mit Ehrenamtlichen des Jugendmusikprojektes Ten Sing eine regelmäßige deutschlandweite Teilnehmendenbefragung ein. Dafür wird ein passender Fragebogen mithilfe von Fokusgruppen und seine technische Implementierung entwickelt.
Die Diskussion um die kürzlich veröffentlichte Trendstudie Jugend 2024 von Klaus Hurrelmann, Kilian Hampel und Simon Schnetzer macht es mehr als deutlich: Jugendlichen in Deutschland fehlt die Zuversicht. Sie sind zunehmend stark verunsichert – durch Sorgen vor Inflation (65 Prozent) und Kriegsgefahr (60 Prozent),durch überteuerten Wohnraum (54 Prozent) und Altersarmut (48 Prozent). 49 Prozent benennen die Spaltung der Gesellschaft sowie den Klimawandel und 41 Prozent die steigende Zuwanderung von Flüchtenden als Gründe für ihre Zukunftsängste (vgl. SZ/epd/ers vom 23.04.24). Auch in Angeboten der Jugendarbeit wird spürbar, dass sich seit der Corona-Pandemie etwas verändert hat. Die Angebote werden nicht mehr in gleicher Weise wahrgenommen, die Bedarfe haben sich verändert. Darum schaut das Jugendmusikprojekt Ten Sing genauer hin und das Civic Data Lab unterstützt dabei mit einem Datenvorhaben.
Ten Sing ist ein international verbreitetes Jugendmusikprojekt, welches im Rahmen der Aktivitäten des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) deutschlandweit in (bislang noch nicht gezählten) Ortsgruppen stattfindet. Diese sind in Landesverbänden und durch eine bundesweite Programmgruppe vernetzt. Die Idee ist einfach und wirkungsvoll: Jugendliche kommen zusammen, um ein vielfältiges Musik- und Medienprogramm zu entwickeln. Dabei gilt, dass Leitung immer von Jugendlichen selbst ausgeht, die als ehrenamtliche Teamer*innen ihre Talente einbringen können. Das Ziel von Ten Sing ist es, die Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden zu fördern, ein starkes Gemeinschaftsgefühl zu schaffen und wichtige Kompetenzen zu entwickeln. Ten Sing bietet jungen Menschen eine Plattform, auf der sie ihre kreativen und musikalischen Talente in einer unterstützenden und motivierenden Umgebung entfalten können, während sie gleichzeitig wichtige soziale und kommunikative Fähigkeiten lernen.
Ten Sing lebt vom Engagement junger Menschen. Auch die Programmgruppe „Ten Sing Deutschland“ besteht fast ausschließlich aus Ehrenamtlichen. Und die wollen es genauer wissen: Was ist Teilnehmenden von Ten Sing Gruppen wichtig? Was motiviert sie zu ihrem Engagement und ihrer Teilnahme? Wo liegen regionale Unterschiede? Und wie viele Ten Sing Gruppen gibt es eigentlich?
Auch auf ihre konkrete Vernetzungsarbeit bezogen, möchte Ten Sing Deutschland mehr erfahren: Funktioniert die deutschlandweite Vernetzung? Bei welchen Bedarfen und Problemen könnte die Programmgruppe noch unterstützen und weiterhelfen? Wo fehlt Teilnehmenden etwas? Was kann in Zukunft noch entwickelt werden?
In diesem Zusammenhang soll auch erhoben werden, wie viele Gruppen mit wie vielen Teilnehmenden es wo gibt – solche Zahlen sind bislang nicht bekannt. Durch eine jährliche Erhebung können perspektivisch Entwicklungen offengelegt und passende Maßnahmen ergriffen werden. Vor allem aber kann Ten Sing zeigen, was bewegt und was bewegt wird, wie viele Jugendliche erreicht werden, wie viele Shows umgesetzt und wie viele Ehrenamtliche gewonnen werden. Mit Zahlen lassen sich Geschichten erzählen und es kann Aufmerksamkeit und Unterstützung für eine wichtige Arbeit gefunden werden.
Dafür planen Ten Sing und das Civic Data Lab ein zweistufiges Vorgehen, begleitet vom Institut für Praxisforschung und Evaluation der Evangelischen Hochschule Nürnberg.
Das erste Teilvorhaben konzentriert sich auf die qualitative Erfassung von Daten in Fokusgruppengesprächen mit Teilnehmenden von Ortsgruppen. Die Fokusgruppen werden nach bestimmten Merkmalen zusammengestellt, um möglichst vielfältige Perspektiven einzubeziehen. Zunächst werden sie regional unterschieden, um vermuteten Unterschieden nachzugehen: Je eine Fokusgruppe für Ortsgruppen aus dem Norden, Osten, Westen und Süden Deutschlands. In diesen Gruppen sollen möglichst unterschiedliche Hintergründe vertreten sein: Teilnehmende und Teamer*innen; Personen, die schon lang bei Ten Sing engagiert sind, und solche, die erst kürzlich hinzukamen; Gruppen aus großstädtischen und ländlichen Räumen sowie eine Mischung aus denen, die deutschlandweite Vernetzungsformate bereits in Anspruch genommen haben und solchen, die sie nicht kennen.
Die Interviews dienen dazu, eine erste Orientierung zu den bislang noch offenen Fragen und Erkenntnisinteressen zu gewinnen. Hieraus werden dann relevante Items für einen quantitativen Fragebogen entwickelt. Dieser stellt (neben den vielen wichtigen Erkenntnissen, die aus direkten Gesprächen mit Teilnehmenden üblicherweise entstehen, das Ergebnis von Teilvorhaben I dar. Ergänzt werden die in den Fokusgruppen thematisierten Aspekte um demografische Erhebungen.
Ein Hinweis für alle, für die Datenerhebung in der Jugendarbeit relevant ist: Die Richtlinie für die Befragung von Minderjährigen der Verbände für Markt- und Sozialforschung verweist darauf, dass für die Befragung von Personen unter 14 Jahren immer eine Einwilligung der Sorgeberechtigten vorliegen muss. Bei 14 bis 17 Jährigen kann, abhängig von Thema und Ort, darauf verzichtet werden, wenn die Minderjährigen verstehen und dazu Stellung nehmen können, wie ihre Daten verwendet werden. In unserem Fall trifft das zu.
Das zweite Teilvorhaben, dessen Durchführung von den Ergebnissen und der erfolgreichen Umsetzung des ersten abhängt, beinhaltet die Implementierung des entwickelten Fragebogens in einer deutschlandweiten, quantitativen Onlineumfrage, die möglichst alle Teilnehmenden von Ten Sing erreichen soll. Diese soll erstmalig im Herbst 2024 durchgeführt werden und perspektivisch jährlich wiederholt werden, um Entwicklungen darstellen zu können. Kommuniziert wird die Umfrage über Instagram-Accounts von Ten Sing, bei einem deutschlandweiten Treffen sowie im Schneeballprinzip.
Die gesammelten Daten werden dann in einem Dashboard visualisiert und analysiert. Die besondere Herausforderung des Projektes liegt darin, dass die Umfragedurchführung und -auswertung auch von zukünftigen Generationen von Ehrenamtlichen leicht genutzt werden können muss, um die Nachhaltigkeit sicherzustellen. Auch Dashboards sind nicht völlig ohne Vorkenntnisse zu verstehen und müssen in einen Interpretationsprozess eingebunden sein. Daher wird es besonders wichtig sein, Prozesse zu etablieren, die eine einfache und regelmäßige Wiederholung der Befragungen ermöglichen, und zudem kleine Schulungsmaterialien zu erstellen.
Zusammengefasst zielt das zweistufige Vorgehen darauf ab, durch qualitative und quantitative Methoden ein umfassendes Bild der Teilnehmendenerfahrungen zu gewinnen und dieses Wissen effektiv für die Weiterentwicklung und Verstetigung des Ten Sing-Programms einzusetzen – ein Ziel, das viele Initiativen teilen und für das einfache Mittel und Wege gefunden werden müssen.
Wir erwarten, dass wir beim Civic Data Lab aus dem Projektverlauf Checklisten, Fallstricke und Erfahrungsberichte teilen können. Außerdem planen wir die technische Umsetzung mit Open Source Software und werden euch hierzu über das verwendete Stack informieren. Passende Tutorials sind schon jetzt bei unserer Academy in Arbeit.
Bleibt dran und lasst uns zu diesem und weiteren Projekten in unserer Community im Austausch bleiben!